Ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung erfüllt nicht die von § 506 Abs. 2 BGB erforderlichen Voraussetzungen

a) Ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung erfüllt nicht die von § 506 Abs. 2 BGB (in der oben genannten, auch heute noch geltenden Fassung) erforderlichen Vo-raussetzungen an eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe bei Nutzungsverträgen.

b) Die Vorschrift des § 506 Abs. 2 BGB trifft eine abschließende Regelung dazu, bei welchen Fallgestaltungen sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen im Sinne des § 506 Abs. 1 BGB (hier in der Fassung vom 20. September 2013) im Bereich von Nutzungsverträgen anzunehmen sind. Eine ergänzende Heranziehung des § 506 Abs. 1 BGB (hier in der Fassung vom 20. September 2013) auf von § 506 Abs. 2 BGB nicht erfasste Leasingverträge (insbesondere Leasingverträge mit Kilometer-abrechnung) verbietet sich.

c) § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB (in der oben genannten, auch heute noch geltenden Fassung) ist nicht analog auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung anzuwen-den.

d) Ein Widerrufsrecht des Leasingnehmers nach §§ 495, 355 BGB besteht demnach bei solchen Leasingverträgen nicht.

BGH URTEIL VIII ZR 36/20 vom 24. Februar 2021

BGB § 506 Abs. 1; § 506 Abs. 2; §§ 495, 355

BGH, Urteil vom 24. Februar 2021 – VIII ZR 36/20 – OLG Stuttgart
LG Stuttgart
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2021 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Fetzer, die Richter Kosziol und Dr. Schmidt sowie die Richterin Wiegand
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart – 6. Zivilsenat – vom 29. Oktober 2019 wird zurückgewie-sen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger schloss am 14. Januar 2015 als Verbraucher mit der Beklagten einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug, dessen Kaufpreis sich auf 44.113,30 € brutto belief. Der Vertrag sieht eine Leasingsonderzahlung von 9.961,50 € brutto sowie 48 monatliche Raten von 200 € brutto vor. Nach Ablauf der vierjährigen Vertragslaufzeit sollte der Kilometer-Endstand 60.000 Kilometer nicht überschreiten. Zudem trifft der Vertrag Regelungen zur Abrechnung von Mehr- oder Minderkilometern und zum Ausgleich eines etwaigen Minderwerts bei Vertragsende. Eine Restwertgarantie des Klägers ist dagegen nicht vereinbart. Der Vertragsurkunde waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklag-ten, nach denen diese in einen vom Kläger geschlossenen Kaufvertrag eintritt, und eine Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite beigefügt. Au-ßerdem enthält die Vertragsurkunde eine Widerrufsinformation.
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Der Kläger leistete mehrere Jahre lang die vereinbarten Leasingraten. Mit Schreiben vom 19. März 2018 erklärte er dann den Widerruf des Leasingvertrags und kündigte an, die Raten nur noch unter Vorbehalt der Rückforderung zu ent-richten. Nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit wurde der Vertrag am 15. April 2019 bedingungsgemäß abgewickelt, wobei das Fahrzeug bei Rückgabe noch einen Wert von 24.139,90 € hatte und dem Kläger wegen Minderkilometern ein Betrag von 649,30 € rückvergütet wurde.
Der Kläger, der bereits vor Ablauf der Vertragslaufzeit Klage erhoben hatte, hat zuletzt Rückzahlung sämtlich erbrachter Leasingzahlungen in Höhe von 19.561,50 € (nebst Zinsen) und Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 691,33 € (nebst Zinsen) verlangt. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe sein Widerrufsrecht zu spät aus-geübt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dem Kläger habe bereits kein Widerrufs-recht zugestanden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (OLG Stuttgart, NJW-RR 2020, 299) hat zur Be-gründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Inte-resse – im Wesentlichen ausgeführt:
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Dem Kläger habe weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Wider-rufsrecht zugestanden. Im Streitfall fänden gemäß Art. 229 § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1, § 40 Abs. 1 EGBGB die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften in ihrer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 14. Januar 2015 geltenden Fassung Anwendung.
Ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 506 BGB in Verbindung mit § 495 Abs. 1 BGB in der damals geltenden Fassung habe nicht bestanden, weil der abgeschlossene Kilometerleasingvertrag nicht die Voraussetzungen der in § 506 Abs. 2 BGB aufgeführten Varianten erfülle und ein Rückgriff auf § 506 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht in Betracht komme. Der Kläger sei weder zum Erwerb des Leasingfahrzeugs verpflichtet noch könne die Beklagte von ihm den Erwerb ver-langen, so dass eine Widerrufsbefugnis nach § 506 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB ausscheide. Auch die Bestimmung des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB sei nicht einschlä-gig, da der Kläger nicht, wie nach dem Wortlaut dieser Vorschrift erforderlich, „für einen bestimmten Wert des Gegenstands einzustehen“ habe.
Dies folge bereits daraus, dass ein „bestimmter Wert“ ausweislich der Ge-setzesbegründung nur dann vereinbart sei, wenn im Vertrag eine feste Zahl ge-nannt sei. Daneben fehle es auch an einer Einstandspflicht des Klägers. Er sei zwar zum Ausgleich einer Wertminderung verpflichtet, wenn sich das Fahrzeug bei Vertragsablauf nicht in einem dem Alter und der vereinbarten Fahrleistung entsprechenden Zustand befinde. Bezugspunkt dieser Ersatzpflicht sei jedoch nicht ein anfänglich kalkulierter, bestimmter Wert, sondern der Wert des Lea-singobjekts in ordnungsgemäßem Erhaltungszustand bei Vertragsende. Das Ri-siko, dass der (Markt-)Wert des Fahrzeugs unabhängig von seinem Erhaltungs-zustand von der ursprünglichen Erwartung abweiche, trage daher nicht der Klä-ger, der gerade nicht für einen bestimmten Wert einzustehen habe.
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Auch bezüglich der vereinbarten Verpflichtung des Klägers, gefahrene Mehrkilometer auszugleichen, handele es sich nicht um ein Einstehen für einen bestimmten „Wert des Gegenstands“. Denn dieser Anspruch beziehe sich nur auf den Umfang der Nutzung des Leasinggegenstands. Dieser habe zwar auch Einfluss auf dessen Wert, sei aber grundsätzlich unabhängig von diesem, wes-wegen der Kläger auch insoweit nicht das Risiko trage, dass sich der Markt un-günstig entwickele.
Der streitgegenständliche Kilometerleasingvertrag unterfalle auch nicht der Bestimmung des § 506 Abs. 1 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung. Ausweislich der Gesetzesbegründung habe im Anschluss an die Ver-braucherkreditrichtlinie in § 506 Abs. 2 BGB abschließend geregelt werden sol-len, welche Verbraucherverträge über die entgeltliche Nutzung eines Gegen-stands entgeltliche Finanzierungshilfen darstellten.
Auch eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 BGB auf Kilometerlea-singverträge komme mangels Bestehens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Die Gesetzesbegründung belege, dass der Gesetzgeber Kilo-meterleasingverträge bewusst von dem Anwendungsbereich der genannten Vor-schrift ausgenommen habe. Jedenfalls sei es aber nicht planwidrig, dass § 506 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung für Kilometerleasingverträge nicht gelte.
Die im Wortlaut des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB angelegte Differenzierung zwischen Leasingverträgen mit Restwertgarantie und sonstigen Leasingverein-barungen beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, so dass ein unbeabsichtigtes Abweichen von dem Regelungsplan nicht gegeben sei. Dies lasse sich insbesondere der Gesetzesbegründung entnehmen, deren zwischen mehreren Fällen differenzierenden Formulierung zeige, dass dem Gesetzgeber
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bewusst gewesen sei, dass es neben den genannten Verträgen mit Restwertga-rantie auch andere Verträge gebe, bei denen der Verbraucher eine solche Ga-rantie nicht übernehme. Die dort gebrauchte Wendung „solche Nutzungsver-träge“, „bei deren Ende der Verbraucher einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert“, impliziere, dass es spiegelbildlich auch solche Verträge gebe, bei de-nen dies nicht der Fall sei. Dies mache auch die in der Gesetzesbegründung vorgenommene Definition eines Vertrags „mit einem bestimmten Wert“ als einen Vertrag, in dem „ein bestimmter Betrag genannt“ sei, deutlich. Wer eine solche Formulierung verwende, dem sei bewusst, dass dies eine Abgrenzung von Ver-trägen bedeute, bei denen ein solcher Betrag gerade nicht aufgeführt sei. Dass diese Differenzierung nicht versehentlich erfolgt sei, zeige der in der Gesetzes-begründung angeführte Gesichtspunkt, ein Vertrag mit Restwertgarantie weiche so deutlich vom Leitbild des Mietvertrags ab, dass seine Besserstellung gegen-über anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen nicht gerechtfertigt sei.
Unabhängig davon wäre eine – unterstellt unbewusste – Lücke des Geset-zes jedenfalls nicht planwidrig. Vielmehr entspreche es dem gesetzlichen Kon-zept, Kilometerleasingverträge von dem Anwendungsbereich des § 506 BGB aF auszunehmen. Dies folge zunächst aus der zweifellos bewusst getroffenen und eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers, nur solche Verträge hierunter zu fassen, bei denen im Vertrag durch eine Zahl ein bestimmter (Rest-)Wert festge-legt sei. Selbst wenn vergleichbare wirtschaftliche Verhältnisse eine Gleichbe-handlung anderer Verträge nahelegen würden, schiede damit eine analoge An-wendung des § 506 BGB auf solche Vereinbarungen aus.
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Davon abgesehen entspreche es auch dem hinter der vorgenommenen Typisierung stehenden Regelungskonzept des Gesetzgebers, dass Kilometer-leasingverträge nicht von § 506 BGB erfasst seien. Diese Vorschrift solle nach der Gesetzesbegründung nur anwendbar sein, wenn ein Vertragstyp in die Nähe derjenigen Verträge gerate, bei denen eine Erwerbsverpflichtung des Verbrau-chers bestehe. Dagegen hätten solche Vereinbarungen, die sich in der Nähe des Leitbilds „Mietvertrag“ hielten, von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen sein sollen. Um eine solche Abrede handele es sich bei einem Kilometerleasing-vertrag. Hier gehe es nicht um den Erwerb des Leasingobjekts, sondern – wie beim Mietvertrag – um seine Nutzung für eine gewisse Zeit. Auch trage der Lea-singnehmer – ähnlich wie im Falle einer mietrechtlichen Vereinbarung der Mieter – nicht das kalkulatorische Risiko für den Wert des Leasingobjekts. Die Verpflich-tung des Leasingnehmers, Mehrkilometer auszugleichen, entferne den Kilome-terleasingvertrag nicht entscheidend vom Leitbild des Mietvertrags. Denn auch bei einem solchen bestehe im Falle nicht vertragsgemäßer, übermäßiger Nut-zung ein Ersatzanspruch des Vermieters.
Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1996 zur Einordnung von Kilometerleasingverträgen als Finanzierungslea-sing ließen sich nicht auf das neue gesetzgeberische Regelungskonzept übertra-gen. Denn nunmehr sei nicht mehr entscheidend, ob der Leasinggeber eine Voll-amortisation anstrebe, sondern allein der Umstand, ob der Leasingnehmer eine solche auch garantiere.
Schließlich führe auch § 511 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung nicht zur Anwendung des § 506 BGB auf Kilometerleasingverträge. Es sei nicht als Umgehung einzuordnen, wenn ein Vertragstyp gewählt werde, der
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nach dem gesetzgeberischen Konzept gerade nicht unter die letztgenannte Vor-schrift falle, weil er sich in entscheidenden Punkten von den geregelten Fällen unterscheide.
Ein vertragliches Widerrufsrecht sei dem Kläger ebenfalls nicht einge-räumt worden. Eine Widerrufsbelehrung, die um eine vermeintliche gesetzliche Pflicht zu erfüllen oder vorsorglich erteilt werde, obwohl ein gesetzliches Wider-rufsrecht nicht bestehe, sei aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinba-rung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen.
Unabhängig davon, dass dem Kläger ein Widerrufsrecht nicht zugestan-den habe, habe er ein solches auch verspätet ausgeübt, weil er aufgrund der erteilten Widerrufsbelehrung über alle hierfür erforderlichen Informationen verfügt habe.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist da-her zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass dem Kläger weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Widerrufsrecht zustand, weswegen er die geleisteten Leasingzahlungen nicht nach § 355 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 346 BGB oder aufgrund vertraglicher Abreden zurück-verlangen kann und auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwalts-kosten (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 4, § 249 BGB) nicht besteht.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Klä-ger ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß § 506 Abs. 1, § 495 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden und damit maßgeblichen (vgl.
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Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB) Fassung vom 20. September 2013 (im Folgenden aF) in Verbindung mit § 506 Abs. 2 BGB in der seit 29. Juli 2009 unveränderten Fassung nicht zustand.
a) Die Vorschrift des § 506 Abs. 1 BGB aF (heute ebenfalls § 506 Abs. 1 BGB, allerdings in veränderter Fassung) billigte einem Verbraucher ein Wider-rufsrecht nach § 355 BGB bei Verträgen zu, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltli-che Finanzierungshilfe gewährte. Für Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstands be-stimmte § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB (inhaltlich identisch mit heutiger Fassung, da-her im Folgenden [aF]) im Wege einer enumerativen Aufzählung, unter welchen Voraussetzungen diese als entgeltliche Finanzierungshilfe (im Sinne des Abs. 1) gelten sollten. Eine ein Widerrufsrecht auslösende entgeltliche Finanzierungs-hilfe sollte danach bei den genannten Nutzungsverträgen gegeben sein, wenn entweder der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstands verpflichtet war (Nr. 1), wenn der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstands verlan-gen konnte (Nr. 2) oder wenn der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstands einzustehen hatte (Nr. 3).
b) Die Regelungen des § 506 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB [aF] lehnen sich an die Begriffsbestimmungen und an die Systematik der vom deutschen Gesetzgeber hierdurch umgesetzten Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Kreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABL EU L 133 S. 66; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie oder Richtlinie) an. Nach der Legalde-finition in Art. 3 Buchst. c der Richtlinie zählen zu den von ihrem Geltungsbereich erfassten Kreditverträgen (Art. 2 Abs. 1) Kredite in Form eines Zahlungsauf-
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schubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe. Al-lerdings nimmt die Verbraucherkreditrichtlinie in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d Miet- und Leasingverträge, bei denen weder in dem Vertrag selbst noch in einer gesonder-ten Vereinbarung eine – auch einseitig vom Vermieter/Leasinggeber auslösbare – Verpflichtung des Mieters/Leasingnehmers zum Erwerb des Miet- oder Leasing-gegenstands vorgesehen ist, ausdrücklich aus. Anders als die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu bedenken gegeben hat, besteht kein Anlass, die Sache gemäß Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie vorzulegen. Die richtige Auslegung dieser Norm (Herausnahme von Leasingverträgen, die keine Erwerbspflicht auslösen, aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie) ist ange-sichts ihres Wortlauts und Regelungssystematik sowie des Regelungszwecks der Richtlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte claire“; vgl. etwa EuGH, Urteil vom 9. September 2015 – C-72/14 und C-197/14, juris Rn. 55 ff., BGH, Urteile vom 21. August 2019 – VIII ZR 263/18, WM 2019, 2078 Rn. 49; vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, BGHZ 226, 310 Rn. 31 mwN).
Den Regelungen in Art. 3 Buchst. c und Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Ver-braucherkreditrichtlinie trugen § 506 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB [aF] Rechnung, die der Umsetzung der Richtlinie dienten (Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/11643, S. 91, 92). Zusätzlich machte der Ge-setzgeber durch die Schaffung eines weiteren, in § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] aufgeführten Tatbestands von der ihm durch die Richtlinie trotz des Gebots der Vollharmonisierung (Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie) eingeräumten Befugnis (vgl. Erwägungsgrund Nr. 10 der Verbraucherkreditrichtlinie) Gebrauch, für Kre-ditverträge, die nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen, innerstaatliche Vorschriften zu schaffen, die den Bestimmungen der Verbraucherkreditrichtlinie oder manchen ihrer Bestimmungen ganz oder zum Teil entsprechen. Ausweislich
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der Gesetzesbegründung sollten damit „solche Finanzierungsverträge“ erfasst sein, bei „denen zwar keine Erwerbspflicht besteht, aber der Verbraucher für ei-nen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat“ (BT-Drucks. aaO, S. 92).
c) Frei von Rechtsfehlern und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass der zwischen den Parteien abgeschlos-sene Kilometerleasingvertrag nicht die Voraussetzungen des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB [aF] erfüllt. Er legte dem Kläger weder eine Erwerbspflicht auf (Nr. 1) noch sah er die Befugnis der Beklagten vor, vom Kläger – in Form eines Andienungsrechts oder auf sonstige Weise (vgl. hierzu BT-Drucks. aaO) – den Erwerb des Fahrzeugs zu verlangen (Nr. 2). Der Kläger hatte auch nicht, wie in § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] vorausgesetzt, bei Beendigung des Ver-trags für einen bestimmten Wert des Gegenstands einzustehen. Er übernahm nach den vertraglichen Regelungen nicht eine – wie auch immer geartete – Ein-standspflicht für den Wert des geleasten Fahrzeugs bei Ablauf der Leasingzeit. Denn er ging keine Restwertgarantieverpflichtung ein, sondern hatte lediglich bei Ablauf des Vertrags 0,15 Prozent des Nettokaufpreises für 1000 gefahrene Mehr-kilometer zu vergüten, soweit die Freigrenze von 2.500 Kilometern überschritten war (vorgedruckte Vereinbarung auf Seite 1 des Leasingvertrags), und einen et-waigen Minderwert, der durch eine nachteilige Abweichung des Zustands des Leasingobjekts gegenüber dem vereinbarten Zustand bei Rückgabe verursacht wurde, auszugleichen (Ziffer XVI. 2 und 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingun-gen der Beklagten). Davon abgesehen war im Leasingvertrag ein „fester Wert“ des Fahrzeugs, der nach der Gesetzesbegründung nur dann gegeben ist, wenn im Vertrag eine feste Zahl vereinbart ist (BT-Drucks. aaO), nicht bestimmt (vgl. etwa OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. Juni 2020 – 17 U 813/19, juris Rn. 27 mwN; v. Westphalen/Woitkewitsch, Leasingvertrag, 7. Aufl., M Rn. 307
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will dagegen den Begriff „fester Wert“ abweichend von der Gesetzesbegründung erweiternd auslegen).
d) Entgegen der Auffassung der Revision ist der zwischen den Parteien geschlossene Kilometerleasingvertrag auch nicht als außerhalb der Tatbestände des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] anzusiedelnde Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 1 BGB aF einzuordnen. Ein Rückgriff auf diese Vorschrift verbietet sich nicht nur aufgrund des Wortlauts des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF], sondern auch angesichts der vom deutschen Gesetzgeber in Anknüpfung an die Rege-lungssystematik der Verbraucherkreditrichtlinie gewählten Gesetzessystematik und der in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Erwägungen. Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber für die Fallgestaltung einer entgeltlichen Nutzung ei-nes Gegenstands in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] abschließende Sonderrege-lungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen diese als „sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe“ zu gelten hatten (BT-Drucks. aaO, S. 91 f.). Die Bestimmung des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] erschöpft sich – anders als die Revision meint – nicht darin, unwiderlegliche Vermutungen (vgl. hierzu etwa MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl., § 506 Rn. 27; Staudinger/Kes-sal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 506 Rn. 32) zu schaffen, sondern trifft zugleich eine abschließende Regelung dazu, bei welchen Fallgestaltungen „sonstige ent-geltliche Finanzierungshilfen“ im Sinne des § 506 Abs. 1 BGB aF im Bereich von Nutzungsverträgen anzunehmen sind. Eine ergänzende Heranziehung des § 506 Abs. 1 BGB aF auf von § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] nicht erfasste Leasingver-träge ist damit ausgeschlossen (so auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 2013, 1069, 1070 f.; OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 32/20, juris Rn. 62, Revision anhängig unter VIII ZR 299/20, und 30 U 12/20, juris Rn. 68; LG Essen, Urteil vom 28. Mai 2020 – 6 O 34/20, juris Rn. 55; MünchKommBGB/Schürn-brand/Weber, aaO Rn. 28 und Rn. 25; v. Westphalen/Woitkewitsch, Leasingver-trag, 7. Aufl., M Rn. 306; Pöschke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 15. Aufl.,
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§ 506 Rn. 11; Skusa, NJW 2011, 2993, 2995 f.; Reinking, DAR-Extra 2012, 738, 739; Godefroid, SVR 2013, 161, 164; Herresthal, ZVertriebsR 2020, 355, 360; aA AG Bielefeld, DAR 2012, 468, 470; Bülow, WM 2014, 1413 f.; Bülow in Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 10. Aufl., § 506 BGB Rn. 81; Finkenauer/Brand, JZ 2013, 273, 276; differenzierend BeckOGK-BGB/Haertlein, Stand: 1. Dezember 2020, § 506 Rn. 28 [§ 506 Abs. 1 BGB sei anwendbar auf gewisse Gebrauchsüberlassungsverträge, die nicht als Nutzungsverträge im Sinne des Abs. 2 zu qualifizieren seien, wie der Mietkauf und das Sale-und-lease-back-Ver-fahren]).
aa) Anders als bei der Schaffung des am 1. Januar 1991 in Kraft getrete-nen Verbraucherkreditgesetzes, dessen Regelungen aufgrund der Schuldrechts-modernisierung ab dem 1. Januar 2002 inhaltlich unverändert in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt wurden, legte der Gesetzgeber durch § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] nunmehr in einer Norm verbindlich fest, wie der in § 506 Abs. 1 BGB aF verwendete unbestimmte Rechtsbegriff in den Fällen entgeltlicher Gebrauchs-überlassungsverträge zu verstehen ist (vgl. auch Zahn, NJW 2019, 1329, 1331). Dass er die Aufzählung in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] als umfassende und abschließende Bestimmung des Vorliegens „sonstiger entgeltlicher Finanzie-rungshilfen“ bei Gebrauchsüberlassungsverträgen verstanden wissen wollte, zeigt sich bereits daran, dass er sich nicht damit begnügt hat, – nur Kerntatbe-stände umschreibende – Regelbeispiele „sonstiger entgeltlicher Finanzierungs-hilfen“ bei diesen Verträgen anzuführen. Vielmehr hat er eine enumerative Auf-zählung der Fälle vorgenommen, in denen eine entsprechende Finanzierungs-hilfe anzunehmen ist, und hat hierbei gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass er damit das Vorliegen einer „sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfe“ bei Nut-zungsverträgen nur ausschnittsweise regeln wollte. Hätte er § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] einen abschließenden Regelungsgehalt nicht zubilligen wollen, hätte es – wie auch sonst in Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Fall –
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nahegelegen, dies durch die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ oder ähn-licher Formulierungen zum Ausdruck zu bringen.
bb) Dass der Gesetzgeber mit § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] nicht nur einzelne Fälle von Finanzierungshilfen bei entgeltlichen Gebrauchsüberlas-sungsverträgen auszugsweise erfassen wollte, ergibt sich zudem aus den Ge-setzesmaterialien. Ausweislich der Gesetzesbegründung war der Gesetzgeber bestrebt, durch die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] sicherzustellen, Finanzierungshilfen von bloßen entgeltlichen Gebrauchsüberlassungsverträgen, also von Verträgen, für die der Verbraucher nur für eine Nutzung auf Zeit haftet, abzugrenzen. Solche Verträge sollten wegen der abweichenden Interessenlage nicht unter die – grundsätzlich eine Vollharmonisierung einfordernde (Art. 22 Abs. 1) – Richtlinie fallen und auch nicht von den nationalen Umsetzungsvor-schriften erfasst werden (BT-Drucks. 16/11643, S. 92). Die Absicht, unter Orien-tierung an der durch die Verbraucherkreditrichtlinie vorgenommene Interessen-bewertung Leasingverträge in Form „sonstiger entgeltlicher Finanzierungshilfen“ von bloßen Nutzungsverträgen abzugrenzen, lag auch der überschießend zur Umsetzung der Richtlinie aufgenommenen Bestimmung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] zugrunde. Denn nach den Gesetzesmaterialien „ist nicht ersicht-lich, warum Verträge mit einer Restwertgarantie anders behandelt werden sollten als Verträge mit einer Erwerbsverpflichtung“ (BT-Drucks. aaO).
Den in der Gesetzesbegründung angestellten Erwägungen ist damit zu entnehmen, dass dem Gesetzgeber daran gelegen war, Miet- und Leasingver-träge nur in den von der Verbraucherkreditrichtlinie eng umrissenen Fällen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie, § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB [aF]) und in dem von ihm ausdrücklich als mit einer Erwerbspflicht des Mieters/Lea-singnehmers vergleichbar angesehenen Fall der Übernahme einer Restwertga-
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rantie als „sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen“ zu qualifizieren (so im Er-gebnis auch Skusa, aaO S. 2996) und hierdurch ein Unterscheidungskriterium zu sich in einer entgeltlichen Nutzung erschöpfenden Verträgen einzuführen. Die vom Gesetzgeber durch § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB [aF] angestrebte Abgrenzung „sonstiger entgeltlicher Finanzierungshilfen“ von „bloßen Gebrauch-süberlassungsverträgen“ (BT-Drucks. aaO) würde aber unterlaufen, wenn man diese Bestimmung lediglich – mit der Revision – als bloße Teilregelungen für Fi-nanzierungsleasingverträge auffassen würde mit der Folge, dass bei solchen Verträgen zusätzlich der unbestimmte und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff der „sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfe“ im Sinne des § 506 Abs. 1 BGB aF heranzuziehen wäre.
cc) Soweit die Revision – einer vereinzelt im Schrifttum vertretenen Auffas-sung folgend – meint, die Bestimmungen des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] regele Fälle, die „nach der Grundkonzeption des § 506 Abs. 1 BGB nicht Kreditqualität [hätten], aber dennoch als sonstige Finanzierungshilfen behandelt“ würden (Bülow, WM 2014, 1413, 1414), findet dies weder im Gesetzestext noch in den Materialien eine Stütze. Die genannte Literaturstimme meint, § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] erfasse in Ergänzung des Abs. 1 und zur Umsetzung der Richtlinie nur solche Leasingverträge, die nicht durch Vollamortisation und Substanzverzehr geprägt seien, was auch bei den dort genannten Leasingverträgen mit Erwerbs-pflicht oder Andienungsrecht der Fall sein könne. Demgegenüber fielen unter § 506 Abs. 1 BGB aF alle Finanzierungsleasingverträge, bei denen eine Voll-amortisation und ein Substanzverzehr feststellbar seien, also auch ein Kilome-terleasingvertrag (Bülow, aaO).
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(1) Diese Auffassung beruht auf der Annahme, der Gesetzgeber habe mit der Verwendung des Begriffs „sonstige Finanzierungshilfe“ in § 506 Abs. 1 BGB aF die in Art. 3 Buchst. c der Richtlinie aufgeführten „ähnlichen Finanzierungshil-fen“, die letztlich auf die Vergleichbarkeit zum Eigentumserwerb abstellen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie), nicht vollständig ausgeschöpft, weswegen es ergänzend der Regelungen in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] bedurft habe, um Richtlinienkomformität herzustellen (Bülow, WM 2014, 1413 f.). Davon abgese-hen, dass solche Fälle kaum vorstellbar sind, weil bei einer Erwerbspflicht des Leasingnehmers oder einem Andienungsrecht des Leasinggebers eine Vollamor-tisation des Leasinggebers an sich gewährleistet ist (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juni 1996 – VIII ZR 151/95, BGHZ 133, 71, 75; vom 11. Januar 2018 – IX ZR 295/16, NJW 2018, 1471 Rn. 29; jeweils zum Andienungsrecht), steht dies nicht im Einklang mit der bereits beschriebenen Konzeption des Gesetzes.
(2) Der Gesetzgeber wollte mit § 506 Abs. 1 BGB aF den Vorgaben in Art. 3 Buchst. c der Richtlinie (BT-Drucks. aaO, S. 91) und mit § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB [aF] dem in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie eng gezogenen Anwendungsbereich (BT-Drucks. aaO, S. 91 f.) Rechnung tragen. Sinn der Bestimmungen in § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB [aF] ist es nicht, eine in § 506 Abs. 1 BGB [aF] vermeintlich angelegte Umsetzungslücke zu schließen, sondern die in der Verbraucherkreditrichtlinie für Miet- und Leasing-verträge, die anders als gewöhnliche Kreditverträge nur teilweise vom Anwen-dungsbereich der Richtlinie erfasst sind, getroffene klare Unterscheidung zwi-schen Finanzierungshilfen und bloßen Nutzungsverträgen – dem Vollharmoni- sierungsgebot in Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie entsprechend – in nationales Recht umzusetzen. So heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/11643, S. 92) wörtlich: „Sinn der Vorschrift ist es, die Finanzierungshilfen von bloßen Gebrauchsüberlassungsverträgen, insbesondere Mietverträgen abzugrenzen.
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Diese sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie nicht umfasst und sollen we-gen der abweichenden Interessenlage auch von den Umsetzungsvorschriften nicht erfasst werden.“
Aus dem Umstand, dass der Kreis der „sonstigen entgeltlichen Finanzie-rungshilfen“ bei entgeltlichen Nutzungsverträgen um die in § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] genannte, in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie nicht vorgese-hene Fallgruppe der Restwertgarantie erweitert worden ist, lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass der Gesetzgeber in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] für Nut-zungsverträge nur eine Teilregelung treffen und im Übrigen einen Rückgriff auf § 506 Abs. 1 BGB aF zulassen wollte. Im Gegenteil macht diese vom Gesetzge-ber gesondert begründete Aufnahme des weiteren Tatbestands des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] deutlich, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] eine abschließende Regelung treffen und Abs. 1 dieser Vorschrift keine Auffangfunktion beimessen wollte.
(3) Die Intention des Gesetzgebers, in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] eine umfassende Regelung für die Fälle der „sonstigen entgeltlichen Finanzierungs-hilfen“ bei Nutzungsverträgen zu treffen, wird auch dadurch belegt, dass die in der Terminologie des Gesetzes nicht mehr Erwähnung findenden Finanzierungs-leasingverträge (nur) „in aller Regel unter § 506 Abs. 2 BGB-E fallen“ (BT-Drucks. 16/11643, S. 93), gleichwohl aber die für sämtliche Finanzierungsleasingverträge in den bisherigen Vorschriften der § 499 Abs. 2, § 500 BGB getroffenen Rege-lungen, die unter anderem ein Widerrufsrecht des Verbrauchers vorsahen, er-satzlos gestrichen werden sollten (BT-Drucks. aaO, S. 92, 93). Der Gesetzgeber sah also keine Veranlassung, ein Widerrufsrecht für alle Fälle des Finanzierungs-leasings aufrecht zu erhalten (vgl. Zahn, NJW 2019, 1329, 1332, Strauß, SVR 2011, 206, 208). Daraus folgt, dass für solche Verträge generell ein Rückgriff auf § 506 Abs. 1 BGB aF nicht möglich sein sollte. Der Gesetzgeber hielt es letztlich
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für ausreichend, dass in den nun in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] gesetzlich geregelten Fallgruppen von (Finanzierungs-)Leasingverträgen unmittelbar ein Widerrufsrecht nach § 506 Abs. 1, § 495 BGB aF eingeräumt worden ist (vgl. BT-Drucks. aaO).
dd) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich für ihre Deutung, wo-nach § 506 Abs. 1 BGB aF mit dem Tatbestandsmerkmal „sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen“ die durch § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] nicht normierten Kilometerleasingverträge erfasse, auch nichts aus dem Passus in der Gesetzes-begründung (BT-Drucks. aaO) ableiten, wonach § 506 Abs. 1 BGB aF „die bis-herige Regelung des § 499 Abs. 1“ übernimmt und „damit […] die Vorschriften, die zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie geschaffen wurden, für alle Formen der Finanzierung [gelten]“ (so aber auch Bülow, WM 2014, 1413, 1414). Die Revision übergeht hierbei die sich daran anschließenden Aussagen in den Gesetzesmaterialien. Danach sollte mit der leicht modifizierten Fortgeltung des § 499 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 26. November 2001, die im Gegensatz zu § 506 Abs. 1 BGB aF noch die – mit der Verbraucherkreditrichtlinie nicht zu ver-einbarenden – Einschränkungen auf „Zahlungsaufschübe von drei Monaten oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe“ vorsah, allein der Legaldefinition des Kreditvertrags in Art. 3 Buchst. c der Richtlinie Rechnung getragen (BT-Drucks. aaO), nicht dagegen der Anwendungsbereich der Richtlinie erweitert werden.
Weiter lässt die Revision außer Acht, dass nach der gesetzgeberischen Intention der bisherige § 499 Abs. 2 BGB, der nach seinem Wortlaut – unter an-derem – Finanzierungsleasingverträge ohne jede Unterscheidung erfasste und – mit Ausnahme der damals in § 500 BGB geregelten Besonderheiten – dem bis-herigen § 499 Abs. 1 BGB unterstellte, nun als § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] mit den in den Nummern 1 bis 3 definierten Tatbeständen „neu gefasst“ werden sollte
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(BT-Drucks. aaO). Die in der Gesetzesbegründung zu § 506 BGB aF niederge-legten Erwägungen (BT-Drucks. aaO, S. 91 f.), die sich auch im Gesetzestext niedergeschlagen haben, lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die frühere Regelung, die – gesetzlich nicht defi-nierte – Finanzierungsleasingverträge als sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe im Sinne des damaligen § 499 Abs. 1 BGB einordnete, durch eine Bestimmung abgelöst werden sollte, die die einzelnen Fälle, in denen nun (Finanzierungs-) Leasingverträge als entsprechende Finanzhilfen zu bewerten waren (bezie-hungsweise heute noch sind), erstmals enumerativ und trennscharf aufführte.
Aufgrund der vorbezeichneten Umstände kommt der Vorschrift des § 506 Abs. 1 BGB aF hinsichtlich entgeltlicher Nutzungsverträge eine über die Rege-lungen in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] hinausgehende Auffangfunktion für sol-che Leasingverträge (insbesondere für Kilometerleasingverträge) nicht zu, die von der letztgenannten Regelung nicht erfasst sind.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch eine analoge Anwen-dung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] auf Kilometerleasingverträge ver-neint. Es fehlt entgegen der Ansicht der Revision sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer vergleichbaren Interessenlage mit dem ge-setzlich geregelten Tatbestand.
a) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Re-gelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenab-wägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwä-gungsergebnis gekommen (st. Rspr.; siehe nur Urteile vom 14. Dezember 2016
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– VIII ZR 232/15, BGHZ 213, 136 Rn. 33; vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 278/15, NVwZ-RR 2017, 372 Rn. 32; vom 27. Juni 2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 Rn. 23; vom 19. November 2019 – II ZR 233/18, WM 2020, 319 Rn. 19; Be-schlüsse vom 11. Oktober 2018 – V ZB 241/17, WM 2019, 514 Rn. 21; vom 20. Oktober 2020 – Vl ZB 28/20, juris Rn.10; jeweils mwN).
aa) Eine Analogie setzt daher voraus, dass die Übertragung der gesetzli-chen Regelung auf den ungeregelten Fall nicht durch eine gesetzgeberische Ent-scheidung ausgeschlossen ist (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2017 – IX ZR 118/17, ZIP 2018, 233 Rn. 15; vom 28. November 2019 – IX ZR 239/18, BGHZ 224, 177 Rn. 16).
Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Ge-setzgebers von seinem – dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundelie-genden – Regelungsplan ergeben (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteile vom 17. No-vember 2009 – XI ZR 36/09, BGHZ 183, 169 Rn. 23; vom 4. Dezember 2014 – III ZR 61/14, NJW 2015, 1176 Rn. 9; vom 20. Juni 2016 – AnwZ (Brfg) 56/15, NJW-RR 2017, 249 Rn. 18; vom 14. Dezember 2016 – VIII ZR 232/15, aaO; vom 18. Januar 2018 – VIII ZR 278/15, aaO; Beschlüsse vom 27. November 2003 – V ZB 43/03, WM 2004, 1594 unter III 3 b bb (2) (insoweit in BGHZ 157, 97 nicht abgedruckt); vom 25. August 2015 – X ZB 5/14, GRUR 2015, 1253 Rn. 19), wie er sich aus dem Gesetz selbst im Wege der historischen und teleologischen Aus-legung ergibt (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2006 – IX ZR 92/05, BGHZ 170, 187 Rn. 15 mwN; vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 278/15, aaO). Dabei muss die Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. April 2006 – IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 Rn. 18 mwN; vom 20. Juni 2016 – AnwZ (Brfg) 56/15, aaO; vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 278/15, aaO; vgl. auch BVerfGE 118, 212, 243; 128, 193, 210: „erkennbar planwidrige Gesetzeslücke“).
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bb) Weiter ist danach für eine Analogie erforderlich, dass die Interessen-lage des gesetzlich geregelten Falls mit der des zu entscheidenden Falls über-einstimmt. Zusätzlich müssen auch die Wertungsgrundlage und die gesetzgebe-rische Interessenbewertung der Gesetzesnorm auf den zu entscheidenden Fall zutreffen (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2017 – IX ZR 118/17, aaO; vom 28. November 2019 – IX ZR 239/18, aaO).
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist für eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] kein Raum.
aa) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass eine planwid-rige Regelungslücke nicht festzustellen ist. Anders als die Revision – der Recht-sprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (vgl. etwa Urteil vom 2. Oktober 2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069 Rn. 27) und Stimmen in der Literatur (vgl. etwa Ball in Festschrift Tolksdorf, 2014, S. 3, 6 ff.) folgend – meint, lässt sich weder der Gesetzeshistorie noch der in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Regelungsabsicht des Gesetzgebers entnehmen, dass er bestrebt war, das bis-her von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für Kilometerleasingverträge ge-schaffene Verbraucherschutzniveau auch künftig zu erhalten, und die Umset-zung einer solchen Absicht lediglich aus Versehen unterblieben ist.
(1) Die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] enthält – wie bereits oben unter II 1 d ausgeführt – eine enumerative Aufzählung der Tatbestände, in denen entgeltliche Nutzungsverträge als sonstige Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 1 BGB aF gelten und daher vom Verbraucher widerrufen werden können. Bereits dies spricht eher gegen die Annahme einer ungewollten Rege-lungslücke (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. März 2003 – I ZR 290/00, NJW 2003, 1932 unter B II 2 b bb (1) mwN; OLG München, Beschluss vom 30. März 2020
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– 32 U 5462/19, juris Rn. 44). Dass die unterbliebene Aufnahme des Kilometer-leasingvertrags in die in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] enthaltene Aufzählung auf einer versehentlichen Nichteinbeziehung dieses Vertragstyps beruht, ist nicht festzustellen. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien gerade im Ge-genteil, dass der Gesetzgeber die Fälle der zum Widerruf des Verbrauchers be-rechtigenden „sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfen“ bei Miet- und Lea-singverträgen bewusst auf die in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] aufgeführten Tat-bestände beschränken wollte.
Im Hinblick auf die im Wortlaut der genannten Bestimmung und in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Regelungsabsicht des Ge-setzgebers lehnen der überwiegende Teil der Instanzrechtsprechung (etwa OLG München, Urteile vom 30. März 2020 – 32 U 5462/19, juris Rn. 24 ff.; vom 18. Juni 2020 – 32 U 7119/19, NJW-RR 2020, 1248 Rn. 50 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 16. Juni 2020 – 6 U 330/19, juris Rn. 12 [unter Bezugnahme auf die Ausführungen im hiesigen Berufungsurteil]; OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 32/20, juris Rn. 63 ff., und 30 U 12/20, juris Rn. 69 ff.; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. Juni 2020 – 17 U 813/19, juris Rn. 30 ff., Revision anhängig unter VIII ZR 186/20; LG Bielefeld, Urteil vom 19. September 2012 – 22 S 178/12, juris Rn. 23, im Revisionsverfahren VIII ZR 333/12 erging Anerkenntnisurteil; LG Heil-bronn, Urteil vom 15. Oktober 2018 – 6 O 246/18, juris Rn. 18 ff.; LG Offenburg, Urteil vom 7. Juni 2019 – 3 O 426/18, juris Rn. 54 ff.; LG Essen, Urteil vom 28. Mai 2020 – 6 O 34/20, Rn. 56 ff.; LG Darmstadt, Urteile vom 22. Oktober 2019 – 2 O 131/19, juris Rn. 22, und vom 14. Juli 2020 – 13 O 98/20, juris Rn. 28, und 13 O 158/20, juris Rn. 26; siehe auch OLG München, Beschluss vom 20. August 2019 – 32 U 3419/19, juris Rn. 2 f.; jeweils mwN) und eine verbreitete Meinung im Schrifttum (Martinek/Omlor in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshand-buch, 5. Aufl., § 101 Rn. 90; Beckmann/Scharff, Leasingrecht, 4. Aufl., § 21
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Rn. 16; BeckOGK-BGB/Haertlein, Stand: 1. Dezember 2020, § 506 Rn. 43; Er-man/Dickersbach, BGB, 16. Aufl., Anhang zu § 535 Leasing Rn. 21; Erman/Nietsch, aaO, § 506 Rn. 22 f. aE; v. Westphalen/Woitkewitsch, Leasingvertrag, 7. Aufl., M Rn. 306; v. Westphalen/Zahn, Leasingvertrag, aaO O Rn. 44 – 57; Omlor, NJW 2010, 2694, 2695, 2697; Skusa, NJW 2011, 2993, 2996; Strauß, SVR 2011, 206, 208 f.; Godefroid, SVR 2013, 161, 164 ff.; Zahn, NJW 2019, 1329, 1332 ff.; Herresthal, ZVertriebsR 2020, 355, 359 ff.; wohl auch Nitsch, NZV 2011, 14, 15; Peters, WM 2011, 865, 867, und WM 2016, 630, 632 f.) eine ana-loge Anwendung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] auf Kilometerleasing-verträge mangels Bestehens einer planwidrigen Regelungslücke ab.
(a) Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] nicht an der bisher geltenden Rechtslage angesetzt. Wie bereits oben unter II 1 d cc (3) ausgeführt, sah er – obwohl er hierzu nach Erwägungsgrund Nr. 10 der Richtlinie befugt gewesen wäre – keine Veranlassung, die für Finanzierungs-leasingverträge zunächst im Verbraucherkreditgesetz und ab der zum 1. Januar 2002 erfolgten Überführung in das Bürgerliche Gesetzbuch in § 499 Abs. 2, § 500 BGB vorgesehene Regelung, die unter anderem ein Widerrufsrecht des Verbrau-chers vorsah, für alle Fälle des Finanzierungsleasings aufrecht zu erhalten und damit vorzusehen, dass für von § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] nicht erfasste Ver-träge ein Rückgriff auf § 506 Abs. 1 BGB aF möglich sein sollte (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 92, 93; vgl. auch Godefroid, SVR 2013, 161, 165). Vielmehr hat er den zuvor noch in § 499 Abs. 2, § 500 BGB verwendeten Begriff des „Finanzierungs-leasings“ aufgegeben. Stattdessen hat er in Übereinstimmung mit der Verbrau-cherkreditrichtlinie und im Interesse eines weitgehend einheitlichen Binnen-markts (vgl. hierzu Godefroid, aaO) eine neue Nomenklatur geschaffen (Peters, WM 2016, 630, 634). Er hat dabei im Ausgangspunkt nur noch solche Leasing-verträge als „sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen“ anerkannt, bei denen eine – zumindest einseitig vom Leasinggeber auslösbare – Erwerbspflicht des
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Leasingnehmers besteht (§ 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB [aF]), und hat diesen Schutz lediglich auf eine von ihm als gleichermaßen schutzwürdig einge-stufte Gruppe der Leasingverträge mit Restwertgarantie ausgedehnt (BT-Drucks. aaO, S. 92; Herresthal, ZVertriebsR 2020, 355, 359 f.).
In Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie kommt zum Ausdruck, dass Miet- und Leasingverträge nur im Falle einer Erwerbspflicht des Verbrauchers, die auch von seinem Vertragspartner einseitig eingefordert werden kann, als „sons-tige ähnliche Finanzierungshilfen“ im Sinne des Art. 3 Buchst. c der Richtlinie gelten sollen, während sie im Übrigen – soweit der Aspekt des kreditrechtlichen Verbraucherschutzes betroffen ist – als bloße entgeltliche Gebrauchsüberlas-sungsverträge zu werten sind. Die der Verbraucherkreditrichtlinie insoweit zu-grundeliegende Interessenbewertung sollte auch für das nationale Recht maß-geblich sein, was in den Gesetzesmaterialien wie folgt festgehalten wurde: „Diese [bloßen Gebrauchsüberlassungsverträge] sind vom Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie nicht erfasst und sollen wegen der abweichenden Interessenlage auch von den Umsetzungsvorschriften nicht erfasst werden“ (BT-Drucks. aaO; so auch bereits der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umset-zung der Verbraucherrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdienste-richtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rück-gaberecht, Stand: 17. Juni 2008, B. Besonderer Teil, S. 36, abrufbar unter https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Bibliothek/Ge-setzesmaterialien/16_wp/verbraucherkreditrl/refe_080617.pdf;jsessionid= 2F2BDC18DDCE13C49C635A8CE7FEC2C8.2_cid286?__blob=publication-File&v=1, im Folgenden: Referentenentwurf). Durch das Abstellen auf eine Er-werbspflicht war bewusst eine Vielzahl von Finanzierungsleasingverträgen von dem Schutz der Verbraucherkreditrichtlinie ausgenommen worden (so auch Strauß, SVR 2011, 206, 208).
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(b) Die beschriebene Zielsetzung einer eng an die Verbraucherkreditricht-linie angelehnten Nachzeichnung der dort zugrunde gelegten Interessenlage war ausweislich der Gesetzesmaterialien auch von maßgeblicher Bedeutung für die Schaffung des nicht von der Richtlinie geforderten Tatbestands des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF], der eine weitere konkret umrissene Fallgruppe von Lea-singverträgen ebenfalls als „sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen“ bewertete (so auch OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 12/20, juris Rn. 81, und 30 U 32/20, juris Rn. 75).
(aa) Für die Aufnahme dieses im Referentenentwurf noch nicht vorgese-henen (siehe dort Seite 19 und Besonderer Teil Seite 36), im Gesetzesentwurf dann zusätzlich eingeführten Tatbestands war die Erwägung entscheidend, dass eine „Restwertgarantie […] dem Unternehmer eine Vollamortisation des Ver-tragsgegenstands [verschafft], die der Verbraucher finanziert“ und „nicht ersicht-lich [ist], warum Verträge mit Restwertgarantie anders behandelt werden sollten als Verträge mit Erwerbsverpflichtung“ (BT-Drucks. aaO). Bei der vom Verbrau-cher „finanzierten Vollamortisation“ handelt es sich um eine andere Anforderung, als sie die höchstrichterliche Rechtsprechung bislang an das Vorliegen eines Finanzierungsleasingvertrags im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes, das spä-ter in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt wurde, gestellt hatte. Nach der Rechtsprechung des Senats sollte für die Einordnung von Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung als – vom Gesetzgeber nicht definiertes – Finanzierungs-leasing nach dem Verbraucherkreditgesetz ausreichend sein, dass bei einem sol-chen Vertrag beim Leasinggeber keine Amortisationslücke auftritt, dieser viel-mehr durch die Zahlungen des Leasingnehmers, die Haftung für den ordnungs-gemäßen Zustand der zurückgegebenen Sache und deren Verwertung eine Voll-amortisation des eingesetzten Kapitals und des kalkulierten Gewinns erreicht (Urteile vom 24. April 1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033 unter II 1 b bb und
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cc; vom 11. März 1998 – VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637 unter II 2 a; zur Kritik hieran Zahn, NJW 2019, 1329, 1330 f.).
Für die Aufnahme von Leasingverträgen mit Restwertgarantie in den Ka-talog des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] war dagegen maßgebend, dass die Voll-amortisation – ebenso wie im Falle einer Erwerbspflicht des Leasingnehmers – nicht nur im Ergebnis eintritt, sondern vielmehr vom Verbraucher, der einen be-reits im Vertrag konkret festgelegten Restwert garantiert, auch finanziert wird, er hierfür also uneingeschränkt haftet. Diese nicht nur auf einen (wesentlichen) Teil des Beschaffungsaufwands und Gewinns begrenzte Haftung des Leasingneh-mers für die Vollamortisation bei einem Leasingvertrag mit Restwertgarantie ließ eine Gleichstellung mit einer Erwerbsverpflichtung als sachgerecht erscheinen (BT-Drucks. aaO).
(bb) Die in § 506 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB [aF] zum Ausdruck gekom-mene Entscheidung, im Einklang mit der Verbraucherkreditrichtlinie lediglich bei bestimmten Gruppen von Gebrauchsüberlassungsverträgen Verbraucherschutz zu gewähren, sollte durch die Aufnahme der als vergleichbar bewerteten Fall-gruppe der Restwertgarantie (§ 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF]) nicht grund-sätzlich in Frage gestellt werden. Das ausdrückliche Abstellen auf die Interessen-bewertung der Richtlinie und das von ihr vorgegebene Abgrenzungskriterium der Erwerbspflicht des Verbrauchers als Grundlage für die Ausformung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB [aF] sowie die enge Fassung des zusätzlich aufgenommenen Tatbestands der Restwertgarantie (§ 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF]), der nach der Gesetzesbegründung nur bei einem Einstehen des Ver-brauchers für eine im Vertrag vereinbarte „feste Zahl“ erfüllt sein soll (BT-Drucks. aaO), zeigen, dass es dem Gesetzgeber letztlich – ebenso wie der Richtlinie – darum ging, entgeltliche Nutzungsverträge nur punktuell zu erfassen. Es sollte
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eine klare und abschließende Unterscheidung zwischen solchen Gebrauchs-überlassungsverträgen getroffen werden, die trotz ihrer Eigenart als Nutzungs-verträge als „sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen“ anzuerkennen sind, und solchen, bei denen – ausgehend von der der Richtlinie zugrunde gelegten und im Rahmen der Umsetzung in das nationale Recht für maßgeblich erachteten Inte-ressenlage – eine entsprechende Bewertung nicht angezeigt war. Damit liegt § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] gerade kein fallübergreifender Regelungsplan des Gesetzgebers zugrunde (vgl. auch Herresthal, ZVertriebsR 2020, 355, 360).
(aaa) Das Bestreben, in erster Linie das von der Richtlinie vorgegebene Abgrenzungskriterium der Erwerbspflicht heranzuziehen und dieses nur um den ausdrücklich in den Blick genommenen Aspekt einer Restwertgarantie zu erwei-tern, wird nicht nur durch die in den Gesetzesmaterialien angesprochene Absicht, die der Richtlinie zugrundeliegende Interessenlage umzusetzen, und die enge Fassung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] belegt. Diese Intention wird vielmehr auch in der ausführlichen Erläuterung der Gesetzesbegründung zu der Frage deutlich, weshalb eine Erstreckung des von der Richtlinie vorgegebenen Verbraucherschutzes auf Verträge mit einer Restwertgarantie angezeigt war. So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] nach dem bereits beschriebenen Hinweis auf die bei einem Vertrag mit Restwertga-rantie vom Verbraucher finanzierte Vollamortisation und auf das Fehlen eines sachlichen Grundes für eine unterschiedliche Behandlung gegenüber Nutzungs-verträgen mit einer Erwerbspflicht weiter: „Ein Vertrag mit einer Klausel über eine Restwertgarantie unterscheidet sich jedenfalls so deutlich vom Leitbild des Miet-vertrags, dass seine Besserstellung gegenüber anderen entgeltlichen Finanzie-rungshilfen nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass in Fi-nanzierungsleasingverträgen künftig auf ein Andienungsrecht mit der Folge ver-zichtet wird, dass die verbraucherschützenden Vorschriften des § 491 ff. keine
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Anwendung fänden. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die verbraucher-schützenden Vorschriften auf solche Nutzungsverträge anzuwenden, bei deren Ende der Verbraucher einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert“ (BT-Drucks. aaO).
(bbb) Die Wendung „auf solche Nutzungsverträge“ belegt, dass nur eine punktuelle Erweiterung der von der Richtlinie vorgegebenen Fallgestaltungen an-gestrebt war (so auch Skusa, NJW 2011, 2993, 2996). Gleiches folgt aus dem Umstand, dass die in der Erläuterung zu § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] zum Ausdruck gekommene Interessenbewertung, wonach eine Besserstellung des Leasinggebers gegenüber anderen Finanzierungshilfen nicht gerechtfertigt ist, ausdrücklich auf Verträge mit Restwertgarantie zugeschnitten ist. Dabei sollte der Anwendungsbereich des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] durch das Erforder-nis der Vereinbarung eines festen Betrags im Vertrag ausdrücklich eng gefasst werden (BT-Drucks. aaO).
(ccc) Dass die Regelung in § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] zum Zwe-cke der Nachzeichnung der von der Richtlinie getroffenen Abgrenzung zwischen entgeltlichen Finanzierungshilfen und sich letztlich in einer bloßen Nutzung er-schöpfenden Verträgen auf die ausdrücklich genannte weitere Fallgestaltung der Restwertgarantie begrenzt sein und nicht auf sonstige Finanzierungsleasingver-träge, insbesondere auf Kilometerleasingverträge, ausgeweitet werden sollte, zeigt sich schließlich auch daran, dass ausweislich der Gesetzesbegründung Fi-nanzierungsleasingverträge nicht mehr uneingeschränkt, sondern nur „soweit“ sie unter § 506 Abs. 1, 2 BGB [aF] fallen, wie entgeltliche Finanzierungshilfen behandelt werden sollten (vgl. BT-Drucks. aaO; Godefroid, SVR 2013, 161, 165; Zahn, NJW 2019, 1329, 1332).
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(cc) Soweit der Senat in seiner damaligen Besetzung in den Verfahren VIII ZR 332/12 und VIII ZR 333/12 in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die Erläuterung zu § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] in der Gesetzesbegrün-dung die abweichende, aber mangels endgültiger Befassung mit der Sache (zu einer streitigen Entscheidung kam es in beiden Verfahren nicht) nur vorläufige Rechtsauffassung vertreten hat, der Regelungsplan des Gesetzgebers habe nicht darauf abgezielt, bestimmte Spielarten des Leasingvertrags vom Anwen-dungsbereich des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] auszunehmen, sondern habe sämtliche Leasingverträge einbeziehen wollen, die sich deutlich von der Miete unterschieden (Ball in Festschrift Tolksdorf, 2014, S. 5, 7 f.), erfasst diese Sicht-weise die Regelungsabsicht des Gesetzgebers nicht hinreichend (so auch Zahn, aaO). Sie lässt außer Acht, dass die Richtlinie in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d eine Interessenbewertung vorgenommen hat, wonach alle dort nicht aufgeführten Leasing- und Mietverträge, also solche, die eine Erwerbspflicht des Verbrauchers nicht vorsehen, ausdrücklich von ihrem Schutzbereich ausgenommen sind, und diese Interessenlage nach den in den Gesetzesmaterialien angestellten Erwä-gungen mit der Schaffung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB [aF] um-gesetzt beziehungsweise nachvollzogen werden sollte (BT-Drucks. aaO).
Der in den Gesetzesmaterialien enthaltene Passus „deutliche Abweichung vom Leitbild des Mietvertrags“ ist nicht dahin zu verstehen, dass sämtliche Lea-singverträge, die sich deutlich von diesem Leitbild abheben, künftig unter den Schutz des Verbraucherkreditrechts fallen sollten. Vielmehr ist in den Gesetzes-materialien zur Erläuterung der Erstreckung des – von der Richtlinie nur bei einer Erwerbspflicht vorgesehenen – Verbraucherkreditschutzes auf Leasingverträge mit einer Restwertgarantie zunächst – die Situation des Verbrauchers betreffend – im Hinblick auf die auch bei einer Restwertgarantie vom Verbraucher finanzierte Vollamortisation eine Vergleichbarkeit mit dem Kriterium der Erwerbspflicht fest-
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gestellt worden. Daran anschließend ist – unter zusätzlicher Bewertung der Inte-ressen des Leasinggebers – festgehalten worden, dass in diesen Fällen wegen der in der Restwertgarantie liegenden deutlichen Abweichung vom Leitbild des Mietvertrags eine Besserstellung des Leasinggebers („gegenüber anderen ent-geltlichen Finanzierungshilfen“) nicht zu rechtfertigen sei (BT-Drucks. aaO). Für die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers bei einer Restwertgarantie war also ausschließlich maßgebend, dass dieser – vergleichbar zu einer Erwerbspflicht – für die Vollamortisation des Leasinggegenstands haftet.
(2) Entgegen der in der Verhandlung der Verfahren VIII ZR 332/12 und VIII ZR 333/12 geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung des Senats (vgl. Ball in Festschrift Tolksdorf, 2014, S. 3, 5, 7) lässt sich aus dem Umstand, dass sich die Gesetzesmaterialien mit der in der Praxis häufig anzutreffenden Fallgruppe der Kilometerleasingverträge und deren durch die höchstrichterliche Rechtspre-chung erfolgten Einordnung als Finanzierungsleasingverträge im Sinne des Ver-braucherkreditrechts (vgl. Senat, Urteile vom 24. April 1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033 unter II 1 b bb und cc; vom 11. März 1998 – VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637 unter II 2 a) nicht befassen, nicht entnehmen, es habe nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insoweit bei dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Finanzierungsleasingverträgen erreich-ten Schutzniveau verbleiben sollen.
Diese auch von manchen Instanzgerichten (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2013, 1069 ff. [im Revisionsverfahren VIII ZR 332/12 erfolgte die Rücknahme der Revision], und Urteil vom 5. Dezember 2018 – 24 U 164/17, juris Rn. 9; LG Wup-pertal, Urteile vom 16. Januar 2012 – 2 O 84/11, juris Rn. 11 f.; vom 21. Oktober 2019 – 17 O 62/19, juris Rn. 52 f.; AG Bielefeld, DAR 2012, 468, 469) und einer größeren Anzahl von Autoren (Ball, aaO, S. 5, 6 ff.; MünchKommBGB/Koch, 8. Aufl., Anhang zu § 515 [Finanzierungsleasing] Rn. 67; Palandt/Weidenkaff,
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BGB, 80. Aufl., § 506 Rn. 5; Pöschke in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 15. Aufl., § 506 Rn. 12; Staudinger/Stoffels, BGB, Neubearb. 2018, Leasing Rn. 37 b; Reinking/Hettwer in Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl., L 108 f.; Reinking, DAR 2010, 252, 254, DAR 2012, 703, und DAR-Extra 2012, 738, 739 f.; Leschau, DAR 2012, 470 f.; Bayerle, JA 2013, 659, 661 f.; Keding/Schäfer, BKR 2020, 508, 513 f.; wohl auch BeckOK-BGB/Möller, Stand: 1. August 2020, § 506 Rn. 17) vertretene Ansicht übersieht, dass der Gesetzgeber – wie bereits unter II 2 b aa (1) ausgeführt – gerade nicht das bisherige Recht als Vorbild für die Schaffung des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] genommen hat, sondern die Ver-braucherkreditrichtlinie und die dort vorgenommene Interessenbewertung, die nur zu einer punktuellen Einbeziehung von Leasingverträgen in den Anwen-dungsbereich der Richtlinie führte, zum Maßstab der neu zu formenden Rechts-lage gemacht hat (BT-Drucks. aaO).
(a) Das Schweigen der Gesetzesmaterialien zu der Fallgruppe der Lea-singverträge mit Kilometerabrechnung erklärt sich aus dem beschriebenen für die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] gewählten Regelungsansatz. Die grundsätzlich auf Vollharmonisierung ausgerichtete Richtlinie unterstellte Lea-singverträge in ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. d nur in eng begrenzten Fällen dem Schutz des Verbraucherkreditrechts. Dadurch, dass der Gesetzgeber in Umset-zung der Richtlinie diese Vorgaben als Grundlage für die Ausgestaltung des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] wählte und – bei dem punktuellen Ansatz der Richt-linie verbleibend – ausdrücklich nur die weitere Fallgruppe der Leasingverträge mit Restwertgarantie, deren Voraussetzungen eng ausgestaltet sein sollten (Ver-einbarung einer „festen Zahl“, BT-Drucks. 16/11643, S. 92), zusätzlich in den Schutz des Verbraucherkreditrechts einbezog, hat er sich von der bisherigen Rechtslage gelöst und den Verbraucherschutz bei Leasingverträgen unabhängig hiervon ausgestaltet.
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(b) Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand, dass Kilometerlea-singverträge keine gesonderte Erwähnung gefunden haben, nicht auf einen über-greifenden Regelungsplan des Gesetzgebers dahin geschlossen werden, alle bislang vom Bundesgerichtshof als Finanzierungsleasingverträge im Sinne des Verbraucherkreditrechts eingestuften Vertragsverhältnisse weiterhin diesem Schutz zu unterstellen (vgl. etwa OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. Juni 2020 – 17 U 813/19, juris Rn. 36; Godefroid, SVR 2013, 161, 165). Das von der gegen-teiligen Auffassung angeführte Argument, es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber ohne ein Wort der Begründung derart schwerwiegende Eingriffe in bestehende Verbraucherpositionen habe vornehmen wollen (vgl. etwa OLG Düsseldorf, NJW-RR 2013, 1070; Ball, aaO S. 7; Reinking/Hettwer, aaO L 109; Reinking, DAR-Extra 2012, 739 f.), beruht auf der Annahme, der Gesetzgeber habe das bisherige Recht trotz der von der Richtlinie vorgenommenen gegentei-ligen Interessenbewertung, die ausweislich der Materialien die Leitlinie für die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] war, aufrechterhalten wollen.
(aa) Eine solche gesetzgeberische Zielsetzung lässt sich der – auf einer durch die Verbraucherkreditrichtlinie veränderten Rechtslage ansetzenden – Vor-schrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] jedoch nicht – wie erforderlich (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2006 – IX ZR 92/05, BGHZ 170, 187 Rn. 15 mwN; vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 278/15, NVwZ-RR 2017, 372 Rn. 32) – im Wege der historischen und teleologischen Auslegung entnehmen. Wenn der Gesetzgeber den Erhalt des bislang bei Finanzierungsleasingverträgen (einschließlich bei Ki-lometerleasingverträgen) erreichten Schutzniveaus gewollt hätte, hätte er im Ge-genteil nicht die nur einen punktuellen Schutz vorsehende Interessenbewertung der Richtlinie in den Vordergrund gestellt und sich auch nicht bei der Ausformung des Tatbestands der Restwertgarantie (§ 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF]) an dem von der Richtlinie vorgegebenen Abgrenzungskriterium der Erwerbspflicht
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(BT-Drucks. aaO) orientiert. Vielmehr wären dann Ausführungen dazu zu erwar-ten gewesen, weshalb er in Abkehr von dem Vollharmonisierungsgebot in Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie das bisherige Schutzniveau des nationalen Rechts beibe-halten wollte.
(bb) Außerdem hätte es dann nahegelegen, dass er sich nicht darauf be-schränkte, eng umrissene Schutztatbestände zu normieren, sondern den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten Begriff des Finanzierungslea-sings (früher § 499 Abs. 2, § 500 BGB) zur Bestimmung des Umfangs des Ver-braucherschutzes weiterverwendet hätte (vgl. Godefroid, SVR 2013, 161, 165). Jedenfalls lässt sich eine Planwidrigkeit der neu geschaffenen Regelungen nicht aufgrund konkreter Umstände positiv feststellen (zu diesem Erfordernis etwa BGH, Urteile vom 13. April 2006 – IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 Rn. 18 mwN; vom 20. Juni 2016 – AnwZ (Brfg) 56/15, aaO; vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 278/15, aaO; vgl. auch BVerfGE 118, 212, 243; 128, 193, 210: „erkennbar planwidrige Gesetzeslücke“).
(3) Schließlich lässt sich in Anbetracht des beschriebenen, sowohl im Ge-setzestext als auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Re-gelungsansatzes dem in der Gesetzesbegründung zur Aufhebung des bisherigen § 500 BGB (Finanzierungsleasingverträge) enthaltenen Passus, „Finanzierungs-leasingverträge fallen in aller Regel unter § 506 Abs. 2 BGB-E und werden, sofern nicht ohnedies die mietvertraglichen Vorschriften Anwendung finden, wie entgelt-liche Finanzierungshilfen behandelt“ (BT-Drucks. 16/11643, S. 93), nicht entneh-men, dass der Gesetzgeber auch die in der Praxis weit verbreiteten Kilometer-leasingverträge als sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen bewertet und diese lediglich aufgrund eines Versehens nicht in die Katalogtatbestände des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] aufgenommen hat (so auch Godefroid, SVR 2013, 161, 165). Diese Erwägung mag zwar für sich genommen missverständlich sein, weil
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die praktisch bedeutsamen Kilometerleasingverträge von dieser Vorschrift nicht erfasst sind. Daraus kann aber nicht mit der erforderlichen Gewissheit geschlos-sen werden, dass der Gesetzgeber, der gerade nicht an dem Begriff des Finan-zierungsleasings festgehalten, sondern die deutlich von dem bisher geltenden nationalen Recht abweichenden Wertungen der Verbraucherkreditrichtlinie nach-vollzogen hat, solche Verträge weiterhin als sonstige entgeltliche Finanzierungs-hilfen verstanden wissen wollte (so auch Godefroid, aaO). Dabei ist auch zu be-rücksichtigen, dass die beschriebene Aussage in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. aaO, S. 93) ausdrücklich auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 506 Abs. 2 BGB bezogen ist (siehe auch BT-Drucks. aaO, S. 92), dessen eng umrissene Merkmale Kilometerleasingverträge ersichtlich nicht erfassen.
bb) Es fehlt aber nicht nur an einer feststellbaren planwidrigen Regelungs-lücke. Vielmehr liegt auch eine vergleichbare Interessenlage zu Leasingverträ-gen mit Restwertgarantie (§ 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF]) bei Kilometerlea-singverträgen nicht vor. Hierfür ist – wie bereits unter II 2 a bb aufgezeigt – nicht nur erforderlich, dass die Interessenlage des gesetzlich geregelten Falls mit der des zu unterscheidenden Falls übereinstimmt. Vielmehr müssen zusätzlich auch die Wertungsgrundlage und die gesetzgeberische Interessenbewertung der Ge-setzesnorm auf den zu entscheidenden Fall zutreffen (BGH, Urteile vom 14. De-zember 2017 – IX ZR 118/17, ZIP 2018, 233 Rn. 15; vom 28. November 2019 – IX ZR 239/18, BGHZ 224, 177 Rn. 16). Jedenfalls hieran fehlt es.
(1) Soweit die eine Analogie zu § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] befür-wortenden Stimmen eine mit einer Restwertgarantie vergleichbare Interessen-lage beim Kilometerleasing annehmen, wird dies mit der auch hier vom Leasing-geber bei planmäßigem Verlauf erreichten Vollamortisation von eingesetztem Kapital und kalkuliertem Gewinn begründet (vgl. etwa OLG Düsseldorf, NJW-RR 2013, 1069, 1071; Reinking, DAR 2010, 252, 254; Ball, in Festschrift Tolksdorf,
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2014, S. 3, 8 f.; Bayerle, JA 2013, 659, 661 f.; Staudinger/Stoffels, BGB, Leasing, Neubearb. 2018 Rn. 37 b). Es wird dabei aber nicht hinreichend in den Blick ge-nommen, dass der Gesetzgeber – wie bereits ausgeführt (vgl. etwa unter II 2 b aa (1) (b) (aa)) – nicht diesem Umstand maßgebende Bedeutung für die Einfüh-rung der Regelung in § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB [aF] beigemessen hat. Viel-mehr hat er – wie bereits unter II 2 b aa (1) ausgeführt – die von der Richtlinie vorgegebene Interessenbewertung auch dem nationalen Recht zugrunde legen wollen und deswegen darauf abgestellt, ob eine Restwertgarantie im Interesse des Verbraucherschutzes einer Erwerbspflicht gleichzustellen ist (BT-Drucks. aaO, S. 92). Dies hat er im Hinblick darauf bejaht, dass auch in einem solchen Falle der Verbraucher dem Leasinggeber auf Vollamortisation haftet.
(2) Die vom Gesetzgeber übernommene Wertungsgrundlage des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Verbraucherkreditrichtlinie, Miet- und Leasingverträge nur bei Erwerbspflicht des Mieters/Leasingnehmers dem Verbraucherschutz zu un-terstellen, an der sich auch seine Interessenbewertung bezüglich der Leasing-verträge mit Restwertgarantie orientiert, findet bei Kilometerleasingverträgen keine Entsprechung. Denn der Verbraucher hat dort gerade nicht – wie bei einer Restwertgarantie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich hervorgehoben – in jeder Hinsicht für die Vollamortisation einzustehen, da er nicht das Risiko trägt, dass sich der vom Leasinggeber bei vertragsgemäßem Zustand der zurückgege-benen Leasingsache kalkulierte Wert auch verwirklichen lässt (vgl. etwa OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 12/20, juris Rn. 86, und 30 U 32/20, juris Rn. 80; Godefroid, SVR 2013, 161, 165; Herresthal, ZVertriebsR 2020, 355, 360; Nitsch, NZV 2011, 14, 15; Strauß, SVR 2011, 206, 208; Zahn, NJW 2019, 1329, 1332; Peters, WM 2016, 630, 634).
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3. Entgegen der Auffassung der Revision stellt der Abschluss eines Lea-singvertrags mit Kilometerabrechnung kein Umgehungsgeschäft nach § 511 Satz 2 BGB aF (heute § 512 BGB) dar, das zu einer Anwendung des § 506 Abs. 1 BGB aF und damit zu einem Widerrufsrecht des Verbrauchers führte. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, begründet der Umstand, dass ein bestimmter – und zudem seit langem etablierter – Vertragstyp gewählt wird, der nach dem gesetzgeberischen Regelungskonzept gerade nicht von den Verbraucherschutznormen der §§ 506, 495 BGB [aF] erfasst ist, weil er sich in entscheidenden Punkten von den in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] normierten Leasingvertragsformen unterscheidet, keine Umgehung der Regelungen in § 506 BGB [aF] (so auch BeckOGK-BGB/Haertlein/Schultheiß, Stand: 1. Dezember 2020, § 512 Rn. 20; Herresthal, ZVertriebsR 2020, 360). Die gegenteilige Auffas-sung (MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl., § 512 Rn. 12, § 506 Rn. 31; wohl auch MünchKommBGB/Koch, aaO Anhang zu § 515, Finanzie-rungsleasing, Rn. 67) lässt außer Acht, dass der Gesetzgeber in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] den Umfang des Verbraucherschutzes gerade nicht auf der Ba-sis der bisherigen Rechtslage geregelt, sondern in Umsetzung und punktueller Erweiterung der einen deutlich geringeren Schutzumfang vorsehenden Verbrau-cherkreditrichtlinie neu bestimmt hat.
4. Anders als die Revision meint, kann sich der Kläger auch nicht auf ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht berufen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei das Bestehen eines solchen (voraussetzungslosen) Widerrufs-rechts verneint. Die Erteilung der mit „Widerrufsinformation“ überschriebenen vorformulierten Widerrufsbelehrung stellt kein Angebot der Beklagten auf Ge-währung eines (vorbehaltlosen) vertraglichen Widerrufsrechts dar, das der Klä-ger mit Vertragsabschluss hätte annehmen können.
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a) Hiergegen spricht bereits indiziell die Bezeichnung „Widerrufsinforma-tion“, die zum Ausdruck bringt, dass die nachfolgenden Ausführungen lediglich Informationen zum Widerrufsrecht und dessen Rechtsfolgen, nicht dagegen eine rechtsgeschäftliche Erklärung im Sinne der §§ 305 ff. BGB enthalten (vgl. Se-natsurteil vom 21. August 2019 – VIII ZR 263/18, WM 2019, 2078 Rn. 46 zu Hin-weispflichten nach § 36 VSBG). Die gewählte Überschrift ist allerdings nicht allein maßgeblich für die Beantwortung der hierbei maßgeblichen Frage, ob eine Erklä-rung als rechtsverbindliche Willenserklärung zu werten ist. Vielmehr beurteilt sich dies nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstäben (Senatsurteil vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 28 mwN). Da die Beklagte im Streitfall eine vorformulierte Widerrufsbelehrung verwendet hat, sind somit die bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätze heranzuziehen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Inte-ressen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Ver-wenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Urteile vom 16. Juni 2020 – VIII ZR 289/19, WM 2020, 1840 Rn. 26; vom 8. Oktober 2020 – III ZR 80/20, juris Rn. 32; jeweils mwN). Allerdings ist für die Auslegung, ob eine formu-larmäßige rechtsgeschäftliche Willenserklärung vorliegt, die Bestimmung des § 305c Abs. 2 BGB nicht anwendbar, denn diese setzt voraus, dass nach objek-tivem Empfängerhorizont eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB vorliegt (Senatsurteile von 4. Februar 2009 – VIII ZR 32/08, NJW 2009, 1337 Rn. 22 mwN; vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, aaO).
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b) Gemessen daran kommt der – der uneingeschränkten Beurteilung durch den Senat unterliegenden (vgl. etwa Senatsurteil vom 26. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, aaO Rn. 20 mwN) – Widerrufsinformation bereits kein rechtsge-schäftlicher Erklärungsgehalt zu. Zwar hat der XI. Zivilsenat für den Fall anders gestalteter Widerrufsbelehrungen angenommen, dass diese Allgemeine Ge-schäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB darstellen (BGH, Urteile vom 6. De-zember 2011 – XI ZR 401/10, WM 2012, 262 Rn. 3, 22; vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 3, 19; vom 20. Juni 2017 – XI ZR 72/16, WM 2017, 1599 Rn. 3, 28). Anders als die Revision meint, lässt sich daraus aber nicht der Schluss ziehen, Widerrufsbelehrungen seien stets als Allgemeine Geschäftsbe-dingungen einzuordnen. Dies hat der XI. Zivilsenat in den genannten Entschei-dungen durch die Zusätze „der in Rede stehenden Art“ beziehungsweise „wie von der Beklagten verwandt“ deutlich gemacht.
Bei der im Streitfall verwendeten „Widerrufsinformation“ würde ein durch-schnittlicher Kunde bei einer an den oben beschriebenen Maßstäben ausgerich-teten objektiven Auslegung der erteilten Widerrufsbelehrung dieser nicht entneh-men, dass ihr überhaupt ein rechtsgeschäftlicher Erklärungsinhalt zukommt. Die unter der Überschrift „Widerrufsinformation“ erfolgte Widerrufsbelehrung knüpft den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist an „die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“. Für einen durchschnittlichen Leasingnehmer, der sich von der Sichtweise verständiger und redlicher Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der beteiligten Verkehrskreise leiten lässt, ergibt sich aus dem beschriebenen Inhalt der Erklärungen und der damit korrespondierenden Überschrift, dass die dort auf-geführten Angaben lediglich gesetzliche Vorgaben erfüllen, damit aber nicht – im Vertrag selbst nicht vorgesehene – rechtsgeschäftliche Erklärungen abgegeben werden sollten. Diese Auslegung kann der Senat, da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, selbst vornehmen.
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c) Wenn man der „Widerrufsinformation“ gleichwohl einen rechtsgeschäft-lichen Erklärungsinhalt nicht absprechen und sie als Allgemeine Geschäftsbedin-gung behandeln wollte, würde ihr jedenfalls nicht der Inhalt zukommen, dem Klä-ger ein vertragliches Widerrufsrecht einzuräumen, sondern sie würde sich darin erschöpfen, ihm ein (tatsächlich) gesetzlich vorgesehenes Widerrufsrecht (betä-tigend) zuzugestehen und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen und sich daraus ergebenden Rechtsfolgen anzuführen. Eine vorformulierte Widerrufsbe-lehrung, die um eine vermeintliche gesetzliche Pflicht zu erfüllen oder rein vor-sorglich erteilt wird, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, ist bei der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen ob-jektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslo-sen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen (BGH, Beschluss vom 26. März 2019 – XI ZR 372/18, WM 2019, 721 Rn. 17; vgl. auch BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 43; vom 23. Januar 2018 – XI ZR 359/16, WM 2018, 664 Rn. 20).
Danach ist – auch bei unterstelltem Vorliegen einer Allgemeinen Ge-schäftsbedingung – im Streitfall nicht von der Einräumung eines vertraglichen Wi-derrufsrechts auszugehen (so auch für vergleichbare Fallgestaltungen OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 12/20, juris Rn. 92, und 30 U 32/20, juris Rn. 86). Dabei kommt es auf die zwischen dem III. und XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs streitige Frage, ob insoweit im Zweifelsfall die Unklarheiten-regel des § 305c Abs. 2 BGB Anwendung findet (BGH, Urteil von 8. November 2018 – III ZR 628/16, NJW 2019, 356 Rn. 19 einerseits und BGH, Beschluss vom 26. März 2019 – XI ZR 372/18, aaO andererseits) nicht an (so auch OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 12/20, aaO, und 30 U 32/20, aaO). Denn diese wäre nur dann heranzuziehen, wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel verblieben und zumindest zwei Aus-
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legungsergebnisse rechtlich vertretbar wären, wobei solche Verständnismöglich-keiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen wären, außer Betracht zu bleiben hätten (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. Juni 2020 – VIII ZR 289/19, aaO Rn. 27; vom 10. September 2019 – XI ZR 7/19, NJW 2019, 3778 Rn. 18; jeweils mwN).
Vorliegend kommen nicht mehrere Auslegungen in Betracht. Dem Um-stand, dass in der Widerrufsinformation nicht ausdrücklich von einem gesetzli-chen Widerrufsrecht die Rede ist, kommt entgegen der Auffassung der Revision keine entscheidende Bedeutung zu. Denn auch ohne diesen Hinweis lässt sich der Widerrufsinformation bei der gebotenen objektiven Auslegung, die der Senat selbst vornehmen kann, aufgrund der Überschrift „Widerrufsinformation“ und der Anknüpfung an die „Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“ unmissverständlich entnehmen, dass ein eigenständiges, von den gesetzlichen Vorgaben losgelös-tes vertragliches Widerrufsrecht nicht begründet werden sollte (so auch OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 12/20, aaO Rn. 93 ff., und 30 U 32/20, aaO Rn. 87 ff.; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. Juni 2020 – 17 U 813/19, juris Rn. 38; LG Essen, Urteil vom 28. Mai 2020 – 6 O 34/20, juris Rn. 75; LG Darmstadt, Urteil vom 7. Juni 2019 – 3 O 426/18, juris Rn. 67 f.). Dem Urteil des III. Zivilsenat vom 8. November 2018 (III ZR 628/16, NJW 2019, 356 Rn. 19) lag eine andere Fallgestaltung zugrunde. Dort hieß es in der Widerrufsbelehrung: „Meine Beitrittserklärung als atypisch stiller Gesellschafter der A-AG kann ich in-nerhalb einer Frist von zwei Wochen widerrufen. Diese Widerrufsfrist beginnt am Tag, der auf das Datum der von mir unterschriebenen Bestätigung über den Er-halt dieser Belehrung folgt.“
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d) Schließlich wäre der Kläger selbst dann nicht zum Widerruf berechtigt gewesen, wenn man – wie nicht – davon ausginge, dass ihm ein eigenständiges voraussetzungsloses vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden wäre. Denn in den Fällen, in denen ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne hierzu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, bedarf es kon-kreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Wi-derrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig sein soll, die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist gleichwohl nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zu-sätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht (BGH, Urteile vom 6. November 2012 – II ZR 176/12, juris Rn. 16 ff.; vom 22. Mai 2012 – II ZR 14/10, NJW 2013, 155 Rn. 34 ff.; vom 12. November 2015 – I ZR 168/14, WM 2016, 968 Rn. 37). Solche Anhaltspunkte sind nicht bereits darin zu sehen, dass sich der Unternehmer bei der Formulie-rung der Widerrufsbelehrung an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat (BGH, Urteile vom 6. November 2012 – II ZR 176/12, aaO Rn. 20; vom 22. Mai 2012 – II ZR 14/10, aaO Rn. 38; vom 12. November 2015 – I ZR 168/14, aaO).
Angesichts dieser Grundsätze ist im Streitfall davon auszugehen, dass – die Vereinbarung eines eigenständigen vertraglichen Widerrufsrechts unter-stellt – die vorgesehene Widerrufsfrist von zwei Wochen ab Vertragsschluss und nicht erst mit Erteilung der „Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“ zu laufen begonnen hätte (vgl. hierzu OLG München, Urteil vom 18. Juni 2020 – 32 U 7119/19, juris Rn. 60; Beschluss vom 30. März 2020 – 32 U 5462/19, juris Rn. 45; OLG Hamm, Urteile vom 4. September 2020 – 30 U 12/20, aaO Rn. 99,
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und 30 U 32/20, aaO Rn. 93) und damit zum Zeitpunkt der Ausübung des Wider-rufsrechts längst verstrichen gewesen wäre.